Karneades von Kyrene

Karneades, römische Kopie eines griechischen Originals des späten 2. Jahrhunderts v. Chr., Glyptothek, München

Karneades von Kyrene (altgriechisch Καρνεάδης Karneádēs, latinisiert Carneades; * 214/213 v. Chr. in Kyrene; † 129/128 v. Chr. in Athen) war ein berühmter griechischer Philosoph im Hellenismus. Die früher mitunter genutzte Bezeichnung Karneades der Ältere ist obsolet, da seit 2019 bekannt ist, dass sein mutmaßlicher gleichnamiger Schüler und Nachfolger „Karneades der Jüngere“ nicht existiert hat.[1]

Karneades lebte in Athen und war dort Leiter (Scholarch) der Platonischen Akademie. Seine Schüler waren zahlreich, und obwohl er keine Schriften verfasste, prägte seine außerordentliche Autorität den Diskurs in der Akademie bis zu deren Untergang im 1. Jahrhundert v. Chr. Er gehört zu der seit Arkesilaos in der Akademie herrschenden Richtung, die als „jüngere Akademie“ bezeichnet wird. Sie unterscheidet sich von der „älteren Akademie“ durch die Einführung des Skeptizismus, des prinzipiellen Zweifels an der Beweisbarkeit philosophischer Aussagen. Mitunter wird auch zwischen einer mit Arkesilaos beginnenden „mittleren“ und einer von Karneades initiierten „neuen“ oder „dritten“ Akademie unterschieden. Das ist aber kaum sinnvoll, denn Karneades hat keinen Kurswechsel eingeleitet, sondern die von Arkesilaos eingeschlagene Richtung beibehalten.

In der Konfrontation mit „dogmatischen“ Lehren baute Karneades das Instrumentarium des Skeptizismus aus und setzte es geschickt zur Widerlegung gegnerischer Behauptungen ein, ohne sich dabei selbst auf eine bestimmte Lehrmeinung festzulegen. Im Vordergrund stand dabei die Auseinandersetzung mit der Stoa, einer rivalisierenden Philosophenschule. Gegenstand der Kontroverse war vor allem die Frage nach Kriterien zur Bestimmung des Wahrheitsgehalts von Aussagen. Karneades bestritt die stichhaltige Begründbarkeit von Wahrheitskriterien. Aufsehen erregte er in Rom, wo er während einer Reise, die er als Gesandter seiner Heimatstadt unternahm, erfolgreich in der Öffentlichkeit für seine Philosophie warb; seine Relativierung herkömmlicher Wertvorstellungen faszinierte die Jugend, stieß aber auch auf entschiedenen Widerstand.

  1. Kilian Fleischer: Carneades: The One and Only. In: The Journal of Hellenic Studies 139, 2019, S. 116–124.

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